Ukraine-Hilfe von tsL e.V.
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine führte im Jahr 2022 dazu, dass Vereinsmitglieder die Situation kaum aushielten und privat aktiv wurden.
Auf der ersten großen Demo in Berlin kam die Idee auf, sich an aktive Hilfsorganisationen zu wenden.
Über diese Organisationen wollten wir Kindern auf der Flucht traumapädagogische Hilfe anbieten..
Demo in Berlin, März 2022
März 2022
Schnell kam heraus, dass private Hilfsangebote für Kinder auf der Flucht durch große Organisationen aus Deutschland nicht zielgruppengerecht gesteuert werden können. Material z.B. könne nur zentral gelagert und nicht spezifisch verteilt werden. Kontaktaufnahmen durch die neuen Medien zu Hilfsorganisationen vor Ort in Polen ergaben das gleiche Bild. Wir waren jedoch sehr froh, dass sich bei der aktuellen Krisensituation überhaupt Menschen bei uns zurückmeldeten. So erhielten wir den Hinweis auf einen Traumatherapeuten in Krakau, der unsere Hilfe „sicher benötigen würde“. Wir erhielten allgemeine Tipps, welche Hilfen zurzeit benötigt werden, vor allem für Menschen, die auf der Flucht sind: Hygieneartikel, Aspirin, Kissen, Decken…
Hygienematerial, Plüschtiere und Sorgenfresser
Wir wussten nun, dass wir Eigeninitiative entwickeln mussten. Als erstes haben wir im März 2020 einen Text für Kinder auf der Flucht erstellt, den wir durch Bekannte in die wichtigsten Sprachen übersetzen ließen und Hilfsorganisationen zur Verfügen stellten (siehe Downloadbereich).
Ein privater Spendenaufruf ergab, dass mehr als 32 Menschen bereit waren, für traumapädagogisches Material zu spenden: insgesamt kamen 5.498,00 Euro zusammen, die ohne Abzüge in traumapädagogisches Material invesiert wurden. Mehr als 200 Kinderrucksäcke wurden mit Malsachen, Süßigkeiten, Sorgenfressern, Anti-Stress-Bällen und Plüschtieren gefüllt, 100e von Hygienetüchern, Zahnputzsets, Pfefferminzbonbons, Decken und Nackenkissen konnten gekauft werden.
An dieser Stelle noch einmal ein dickes Dankeschön für alle Spender und Spenderinnen und an die, die uns auf der Fahrt begleietet haben. Auch die vielen Helfer und Helferinnen vor Ort möchten wir hier nicht vergessen. Ohne euch wäre die traumapädagogische Hilfe niemals möglich gewesen.
Etliche Tage verbrachte unser weltweit bestes Logistik-Team damit, das traumapädogogische Material zu kaufen, zu verpacken und zu beschriften.
Der Hamster wurde zum Maskottchen und hat den Spendern und Spenderinnen den jeweiligen Stand der Dinge über die von uns gegründete Gruppe „VICTORIA“ mitgeteilt, obwohl wir ihn manchmal suchen mussten….
Mit den Spenden konnten wir zwei Touren nach Krakau und Przemysl an die polnisch/ukrainische Grenze organisieren.
Die Fahrt- und Unterkunftskosten steuerten wir zusätzlich bei.
…on the road again… Przemysl Bahnhof
Die erste Tour führte uns nach Krakau. Weiter sollte man zunächst nicht an die Grenze fahren, weil die Situation dort „unübersichtlich“ sei. Die Hilfsorganisationen würden an der Grenze der Erschöpfung arbeiten. Hier wollten wir nicht zusätzlich zu einer Belastung werden.
In Krakau fanden wir eine sehr gut organisierte Flüchtlingshilfe vor. Etliche Organisationen boten Hilfe an. Die Schwierigkeit bestand für uns darin, die traumapädagogischen Materialien direkt abzugeben. Durch einen großen Zufall und den Tipp des Traumatherapeuten fanden wir die Projekte „Pomoc Ukraina Krakow“ von salamlab, die uns die gesamten traumapädagogischen Materialien abnahmen. Sie unterhielten eine Anlaufstelle für geflüchtete Familien und boten Übernachtungen an. Beim Lesen der Texte für Kinder auf der Flucht kamen der Mitarbeitetin die Tränen und sie sagte: „So ein schöner Text!“
Zurück in Berlin sammelten wir erneut Spendengelder und konnten eine zweit Tour organisieren. Diesmal ging es direkt an die Grenze nach Przemysl.
Diesmal wurden wir von einer schwedischen Journalistein begleitet, die eine Reportage über die Sitauation in Polen machte.
Przemysl Bahnhof – Ruhe vor dem nächsten Zug
Wieder hatte der Zufall seine Hände im Spiel gehabt und zur uns zur Caritas geführt. Eine Mitarbeiterin kümmerte sich im Trubel der ankommenden Flüchtlinge sehr herzlich um uns. Sie sprang direkt auf „traumapädagogisches Material“ an und half uns dabei, alles sicher zu verstauen. Sie verbrachte schon einige Wochen ihres Urlaubs in Przemysl. In Krakau war sie Lehrerin und hatte auch dort mit traumatisierten Kindern zu tun.
Auszüge aus der Gruppe VICTORIA
8. März 2022
Der erste Weg heute führte mich zur Ukraine-Hilfe in Lobetal. Ob es spezielle Kinderstationen in Krankenhäusern in Przemysl geben würde, wurde von einer Frau, die sich auskennt, folgendermaßen kommentiert: Pfff! Soll heißen: Nein.
Unsere Idee, die Sachen einer Kinderstation zu übergeben, war nicht so einfach umzusetzen.
10. März 2022
Die deutsche, polnische und ukrainische Versionen der traumapädagogischen Broschüre für Kinder auf der Flucht werden korrigiert, die russische wird erstellt. (siehe Downloadbereich)
11. März 2022
Die erste Tour geht los (5.49 Uhr).
…die Fahrt durch Krakau war bescheiden…2 Stunden im Stau … etliche Einrichtungen abgeklappert, die dritte ist Erfolg versprechend.
In einer staatlichen Einrichtung des Gesundheitsamtes sagte eine Frau am Empfang, dass sie ohne Zustimmung ihrer Vorgesetzten keine Materialien annehmen dürfe, die Texte für geflüchtete Kinder wolle sie auch nicht lesen, weil sie nicht wisse, ob sie das darf….
22.02 Uhr: die Rucksäcke wurden von salamlab abgenommen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Projekts waren sehr professionell, freundlich und unaufgeregt, aber am Ende ihrer Leistungsfähigkeit. Sie haben davon abgeraten, weiter nach Przemysl zu fahren. Die Traumatexte wollen sie per pdf haben, die werden dringend benötigt. Die netzbasierte Arbeit von salalmlab faszinierte uns. Etwa 20 junge Menschen saßen vor ihren Bildschirmen und koordinierten die Hilfsmaßnahmen. Alles wurde online organisiert, kein Papier in Durchlaufmappen….
Jetzt geht es zu Platform 4, einem Sammelpunkt für NGOs auf dem Hauptbahnhof….
Platform 4
12. März 2022
Hauptbahnhof Krakau; viele sind Menschen unterwegs, etliche Geschäfte sind zu Notquartieren umgebaut worden. Es kommen täglich „tausende von Flüchtenden“ an, es verlaufe aber alles geordnet und ohne Panik. Wir bekommen Einblick in Schlafsäle und Notküchen, Kleiderkammern und Beratungsstellen. Die Hygieneartikel werden wir hier los.
Ein junger Mann hatte einen Bauchladen mit Kuscheltieren umgeschnallt. Die leuchtende Weste wies ihn als Volunteer aus. Ein etwa 8jähriger Junge liegf in den Mann hinein und stieß sich den Kopf am Bauchladen. Die beiden standen verdutzt voreinander, dann griff der Junge zaghaft nach dem Kuscheltier, das ihm gegeben wurde und lief schnell weg…. kam dann aber wieder zurückgelaufen rief laut Danke auf russisch…immer wieder.
Wir wollten eigentlich auf der Rückfahrt nach Berlin eine Familie mitnehmen, aber davon wurde uns eindringlich abgeraten. Die meisten Geflüchteten werden in Polen registriert, erhalten ärztliche Hilfe und erholen sich von der strapaziösen Flucht. Danach entscheiden sie, welche Reiseart sie wohin bringt. Unsere Naivität beschämt uns.
Um 12.00 Uhr sind wir sämtliches Material losgeworden und wir machen uns auf die Heimreise.
Das Bild, das wir von Krakau mitnehmen, ist uneinheitlich: eine normal wirkende Stadt mit Sight-Seeing-Bussen und Touristenscharen. Und dann wieder Menschenschlangen vor Hilfs-Einrichtungen, Ankommende im Bahnhof, Bus- und Hilskonvois auf den Autobahnen.
16. März 2022
Die zweite Tour wird vorbreitet und für den April geplant.
9. April 2022
Die zweit Tour geht los (6.31 Uhr)
Mit dabei ist die Journalistin Lotta Lundberg. Sie schreibt für eine Schwedische Zeitschrift und berichtet über die Gesamtsituation in Polen.
Abends hatten wir Kontakt zur Caritas am Bahnhof von Przemysl erhalten. Am nächsten Morgen sollten wir sämtliche Materialien sicher einlagern können.
Przemysl. Im Stundentakt kommen Züge an, Menschen werden registriert, aufgenommen, reisen weiter, werden abgeholt, wissen nicht, wohin. Aber alles geschieht in einer erstaunlichen Ruhe und Gelassenheit. In unserem Hotel kommen wir mit Polen ins gespräch, die in der Gegend wohnen. Sie sagen offen, dass sie keine Angst vor der Entwicklung haben, hier in Grenznähe. Das sei alles normal. Aber eine Frau flüstert: Natürlich haben wir Angst. Aber das sagt man nicht offen.
10. April 2022
Nach einer Übernachtung in der Nähe von Przemysl sind wir zum Bahnhof gefahren und haben dort, dank der Unterstützung von Magda alle gespendeten Materialien abgeben können.
Dann geht es weiter nach Krakau, wo wir zwei Nächte bleiben werden, bevor wir wieder nach Deutschland fahren.
Wir genießen das gute Wetter und das gute polnische Essen, schauen uns touristische Highlights an und vergessen fast, das in der Nähe ein erbarmungsloser Krieg tobt.
12. April 2022
Sichere Ankunft in Deutschland.